Die perfekte Versorgung ist gefunden. Testreihen belegen, der Therapienutzen ist gegeben. Doch dann zeigt sich: Das benötigte Produkt ist nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelistet. Und nun?
Was hier zu beachten ist, weiß Kevin Blum. Der examinierte Altenpfleger, Medizinprodukteberater und Spezialist für Mobilitätshilfen für geriatrische und neurologische Versorgungen ist ein Mann vom Fach. Im März 2019 gründete er sein Unternehmen „Dienstleistungen für Pflege & Reha“, gibt als Dozent Kurse zu den Themen Betreuungsassistenz und kultursensible Pflege und berät Altenhilfe-Einrichtungen in den Bereichen Förderung und Erhaltung der Mobilität. Im Forum Reha-Experten bringt er als Gastautor ab sofort Licht ins Dunkel der Hintergründe der Hilfsmittel-Versorgungen.
Was ist überhaupt das Hilfsmittelverzeichnis?
Im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes (der zentralen Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen) sind Produkte gelistet, die in Art und Qualität den Anforderungen an die Kostenübernahme durch die Krankenkasse entsprechen – das heißt, es wurde ein medizinischer Nutzen nachgewiesen. Das Hilfsmittelverzeichnis ist also eine Informationshilfe und dient der Orientierung. Das Hilfsmittelverzeichnis wird durch den GKV-Spitzenverband laufend aktualisiert: Hersteller können neue Produkte listen lassen, sofern die vorgegebenen Anforderungen erfüllt sind. Die Hilfsmittel werden einzelnen Produktgruppen zugeordnet – entsprechend der Indikation, dem Anwendungsort und der Funktion. Dies geschieht über eine zehnstellige Hilfsmittelnummer, die sich folgendermaßen zusammensetzt:
x x x x x x x xxx
Produktgruppe Anwendungsort Untergruppe Art der Anwendung Hersteller /Produkt
Hat ein benötigtes Hilfsmittel keine Nummer und ist somit auch nicht im Verzeichnis gelistet, heißt das aber nicht automatisch, dass es nicht verordnungfähig ist.
Kostenträger können auch Versorgungen ohne Hilfsmittelnummer bewilligen, wenn der Arzt – der als verordnende Instanz die Therapiehoheit hat – sowohl die Notwendigkeit als auch den Nutzen ausreichend begründet. Auch eine Beschreibung des Gesundheitszustandes des Anwenders sollte beigefügt werden, denn die Diagnose auf dem Rezept reicht im Regelfall hierfür nicht aus.
Für die Beantragung wesentlich ist die Erprobung des Hilfsmittels mit Erprobungsbericht sowie ein Foto oder eine Videodokumentation. So kann nachgewiesen werden, warum gerade dieses Hilfsmittel dem Anwender die bestmögliche Unterstützung bietet. Optimalerweise kann hier noch die Dokumentation der Erprobung eines Alternativprodukts ergänzt werden, um den Vergleich deutlich zu machen. Auf diese Weise hat der Kostenträger die Möglichkeit einer Einzelfallentscheidung, mit der der versicherten Person auch ein nicht gelistetes Hilfsmittel genehmigt werden kann.
Mehraufwand lohnt sich
Es ist definitiv ein Mehraufwand. Doch wenn der Anwender und alle weiteren an der Versorgung beteiligten Personen vom Mehrwert überzeugt sind, den das Hilfsmittel bietet, lohnt sich die Mühe.
Kevin Blum, examinierter Altenpfleger, Produktspezialist und Inhaber von „Dienstleistungen für Pflege & Reha“, bildet als Dozent zu den Themen Betreuungsassistenz und kultursensible Pflege weiter und berät Altenhilfe-Einrichtungen in den Bereichen Förderung und Erhaltung der Mobilität.